Gruß aus dem Paralleluniversum Social Media

Laut My First Tweet habe ich am 10. April 2008 gegen Mit­tag mei­nen ers­ten Tweet als @COMPUTERWOCHE abge­setzt. Ich habe damals ein­fach gedacht: Hey, da müs­sen wir auch mit­ma­chen! und unge­fragt und ohne zu fra­gen los­ge­legt. Inzwi­schen sind 2986 wei­te­re Tweets dazu­ge­kom­men. Das sind im Schnitt 6,0323 Tweets an jedem der 495 Tage seither.

Heu­te hat @COMPUTERWOCHE zum ers­ten Mal zeit­wei­lig die 1500 Fol­lower über­schrit­ten. Das heißt, es gibt irgend­wo da drau­ßen 1500 Men­schen, die mei­ne maxi­mal 140 Zei­chen so inter­es­sant fin­den, dass sie sie regel­mä­ßig lesen und nicht gleich wie­der abbstel­len. Natür­lich gibt es unter den Fol­lo­wern eine Men­ge Fluk­tua­ti­on, aber im Schnitt kom­men stän­dig mehr dazu als kün­di­gen. Und es ist ja nun bei­lei­be nicht so, dass etwa jeder in Deutsch­land die „alte“ COMPUTERWOCHE ken­nen wür­de. Des­we­gen bin ich auf die 1500 Fol­lower auch extra stolz.

Was ich twit­te­re? Nor­ma­ler­wei­se Din­ge, die mir im Netz oder im wirk­li­chen Leben unter die Augen kom­men und die ich per­sön­lich und für die Leser der COMPUTERWOCHE inter­es­sant fin­de, von denen ich aber abse­hen kann oder weiß, dass ich sie in mei­nem Haupt­job als Nach­rich­ten­mann für die Com​pu​ter​wo​che​.de ent­we­der über­haupt nicht oder erst mit Ver­zö­ge­rung bear­bei­ten kann. Ich per­sön­lich fin­de es sinn­los, Links auf unse­re eige­nen Mel­dun­gen und Arti­kel auch noch via Twit­ter zu ver­brei­ten – dafür gibt es bereits aus­rei­chend Kanä­le wie News­let­ter, RSS und Goog­le. Ich möch­te unse­ren Lesern und sons­ti­gen Fol­lo­wern über Twit­ter einen Mehr­wert bie­ten, jawoll.

Wann ich twit­te­re? Eigent­lich fast rund um die Uhr (man beach­te ein­fach mal die Uhr­zei­ten der Tweets). Natür­lich nicht im Schlaf und nor­ma­ler­wei­se auch nicht in der kost­ba­ren Zeit, die ich mit mei­ner Liebs­ten ver­brin­ge. Aber um es ganz klar zu sagen: Ich ver­brin­ge auch einen Gut­teil mei­ner Frei­zeit damit, die COMPUTERWOCHE im Web 2.0 ein Stück­chen vor­an­zu­brin­gen. Übri­gens nicht nur mit Twit­ter, son­dern zum Bei­spiel auch mit unse­rem iPho­ne-Blog, das ich jetzt kon­ti­nu­ier­lich füh­re, seit Apple das iPho­ne auf den Markt gebracht hat. Schon seit gerau­mer Zeit steht die­ses Blog auf der ers­ten Ergeb­nis­sei­te, wenn man bei goog​le​.de nach „iPho­ne“ sucht. Auch das Blog befül­le ich über­wie­gend in mei­ner Freizeit.

Ja, bin ich denn eigent­lich voll­kom­men bescheu­ert? Viel­leicht bin ich das. Denn bei IDG dankt mir die­ses Enga­ge­ment kaum jemand. Jeden­falls nicht so, dass ich es hören, lesen oder gar auf mei­nem Kon­to­aus­zug sehen könn­te. Gelobt wird glau­be ich sowie­so zu wenig in der deut­schen Arbeits­welt – dabei gibt es wirk­lich kein kos­ten­güns­ti­ge­res Werk­zeug zur Mit­ar­bei­ter­mo­ti­va­ti­on als Lob. Eine löb­li­che, die Regel bestä­ti­gen­de Aus­nah­me ist mein Chef­re­dak­teur Hein­rich, dem öfters und zuwei­len auch coram publi­co ein Lob über die Lip­pen kommt. Man­che unse­rer Damen und Her­ren Abtei­lungs­lei­ter fin­den es inzwi­schen (jetzt, da in w&v, Hori­zont und was die sonst so alles lesen, steht, dass Twit­ter wohl doch ein gro­ßes Ding ist) natür­lich auch toll, dass „wir“ so vie­le Fol­lower haben. Erfah­ren haben sie das aber nur, weil ein eben­falls Social-Media-affi­ner Kol­le­ge in einer Prä­sen­ta­ti­on erwähnt hat, dass das viel­leicht doch ganz beacht­lich ist für so eine Nischen­pu­bli­ka­ti­on wie uns. Und dass ipho​ne​test​.com​pu​ter​wo​che​.de bei Goog­le ziem­lich vorn ist, fällt auch eher exter­nen SEO-Bera­tern bei Schu­lun­gen auf als Kol­le­gen und Vorgesetzten.

Gene­rell aber beschleicht mich am Arbeits­platz das Gefühl, ein Außen­sei­ter zu sein. Jeden­falls was Social Media betrifft. Das wird belä­chelt, als spin­nert abge­tan oder bes­ten­falls igno­riert. Ich hat­te zum Bei­spiel in der Anfangs­zeit unse­res Twit­ter-Accounts ein paar Mal die Zugangs­da­ten an den Redak­ti­ons­ver­tei­ler geschickt in der Hoff­nung, dass viel­leicht noch mehr Leu­te mit­ma­chen wür­den. Hät­te ich mir auch gleich schen­ken kön­nen – ins­be­son­de­re nach schmerz­li­chen Erfah­run­gen mit zwi­schen­zeit­lich ver­ord­ne­ter Blog­ge­rei irgend­wann Mit­te der Deka­de. Geht den meis­ten aus den unter­schied­lichs­ten Grün­den ein­fach am Arsch vor­bei, so ist das wohl. Klar, wür­de ich zum Bei­spiel all­abend­lich heim zu Frau und Kin­dern fah­ren, dann gäbe es natür­lich auch nicht so vie­le Tweets von mir – volls­tes Ver­ständ­nis dafür.

Gren­zen­los ist es aber auch nicht, mein Ver­ständ­nis. Wir haben seit etli­chen Jah­ren eine mas­si­ve Medi­en­kri­se, die auch an unse­rem Verlag/Medienhaus alles ande­re als spur­los vor­bei­ge­gan­gen ist. Die aktu­el­le Finanz- und Wirt­schafts­kri­se hat die Ver­än­de­rungs­pro­zes­se und Para­dig­men­wech­sel noch beschleu­nigt. Es ist voll­kom­men klar, dass wir Jour­na­lis­ten uns und unse­re Arbeits­wei­sen und ‑mit­tel ver­än­dern müs­sen. Eine Zeit­schrift oder Zei­tung mit 20 Pro­zent hoch­wer­ti­gem Inhalt und 80 Pro­zent Müll wird man nie wie­der so wie in der Ver­gan­gen­heit mit fet­ter Mar­ge ver­kau­fen können.

Das Inter­net hat alles ver­än­dert und außer­dem noch zur frü­he­ren One-to-many-Ein­bahn­stra­ße des Jour­na­lis­mus ver­schie­dens­te Rück­ka­nä­le und ganz neue Kon­kur­renz oder zumin­dest Alter­na­ti­ven geschaf­fen. Auch ein Grund, war­um ich 2003 ange­fan­gen habe zu blog­gen (und seit­dem blog­ge) und spä­ter dann das Micro­blog­ging dazu­ge­kom­men ist (eben­falls kon­ti­nu­ier­lich, was ich ent­schei­dend finde).

In der Haupt­sa­che aber mache ich das alles, weil ich auf solch neue Mög­lich­kei­ten immer neu­gie­rig war und bin* – das hat mal mit einem 14.4er Modem von Dr. Neu­haus am Ata­ri Mega­ST und dem Maus­netz ange­fan­gen, falls das noch jeman­dem etwas sagen soll­te –, weil sie mich fas­zi­nie­ren und weil sie mir gro­ßen Spaß machen. Und ich wun­de­re mich und ich kann nicht ver­ste­hen, dass es nicht mehr Men­schen um mich her­um auch so geht.

Ich für mei­nen Teil wer­de jeden­falls wei­ter blog­gen, wei­ter twit­tern, mich wei­ter bei XING und Face­book ver­net­zen, wei­ter Fotos zu flickr und Lese­zei­chen zu Deli­cious hoch­la­den und beim „next big thing“ mit­ma­chen – was auch immer das sein wird (Goog­le Wave?). Zumin­dest bin ich schon gespannt dar­auf. Unse­re Zukunft wird eine ver­netz­te sein, so viel steht fest. Sie wird des­we­gen auch ver­netz­te Jour­na­lis­ten brau­chen, die die ste­tig wach­sen­de Infor­ma­ti­ons­flut aus dem Netz mit pro­fes­sio­nel­ler Erfah­rung fil­tern, bewer­ten und ein­ord­nen. Und ihnen hof­fent­lich auch Geschäfts­mo­del­le dafür bie­ten. Ich freue mich dar­auf. Ehrlich.

*Das wird doch nicht etwa am Stern­zei­chen liegen?

1 Kommentar

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Gut gebrüllt Löwe und mir aus der See­le geschrieben!

Ich kann mich noch sehr gut erin­nern, als es aus Ver­lags- und Redak­ti­ons­krei­sen immer hieß „wie müs­sen näher an den Leser ran“ oder „wir suchen den Dia­log mit dem Leser“.…
Alles das macht bei­spiels­wei­se Twit­ter mög­lich – aber nu haben vie­le schein­bar Angst vor der eige­nen Courage.
Denn selbst wenn Redak­tio­nen twit­tern, ist es doch lei­der häu­fig so, dass sie nur mono­lo­gi­sie­ren und auf Nachh­fra­gen oder Kom­men­ta­re nicht reagieren.

Aber es gibt auch die pos­ti­ven Aus­nah­men und ich freue mich, dass die CW (oder ja doch eher Tho­mas Clo­er ;o)) ) dazu gehört!

Keep on rocking Twit­ter! :o))

Lie­ben Winker

Ka-Rike

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